Jakob am Jabbok

„Jakob antwortete: Ich lasse dich nicht, du segnest mich denn.“ (1.Mose 32,

 27)

 

Es gibt Situationen im Leben, in denen steht alles auf dem Spiel. Und es sieht so aus, als würden sich immer mehr Menschen unvermutet in einer solchen Situation wieder finden. Plötzlich muss das eigene Haus versteigert werden. Eine Familie kann ihre Wohnung nicht mehr bezahlen. Jemand muss sich von einem zum anderen Tag einer schwierigen Operation stellen. Auf einmal droht das Leben mit dem kargen Satz von Hartz IV. Was dann? Welche Sätze bilden sich jetzt im Innersten eines Menschen? Was wagt ein Mensch in einer solchen Situation, Gott zu sagen?

Jakob, einer der drei Stammväter Israels, wurde in jener Nacht von einer solchen Situation eingeholt. Er war im fernen Mesopotamien zu einem reichen Mann geworden. Zwei Frauen hatte er und zwölf Kinder, dazu Herden mit Schafen und Ziegen, Kamelen und Eseln. Nun zog er zurück aus der Fremde in das Land seines Vaters. Da hörte er, dass ihm sein Bruder Esau, ein Kriegsmann, mit vierhundert bewaffneten Männern entgegen kam. Weil er ihn vor Jahren übervorteilt hatte, war Jakob in die Fremde geflohen. Jetzt sollten sich die beiden verfeindeten Brüder erneut begegnen.

Esau konnte das Unrecht von damals nicht vergessen haben. Hatte Jakob irgendeine Chance? Er traf Vorsichtsmaßnahmen. Dann blieb er in dem dunklen Tal des Jabbok im gebirgigen Ostjordanland allein zurück. Als die Nacht herein brach, wurde er von einem Fremden angegriffen. Ein Kampf wurde ihm aufgezwungen. Zunächst blieb es offen: Ist es ein Räuber oder ein Flussgott oder noch jemand anders? Stundenlang ringen die beiden miteinander. An einer Bemerkung erkennt Jakob, dass sich in dem anderen Gott verbirgt. Da wagt er den Satz: “Ich lasse dich nicht, du segnest mich denn.“ Ohne deinen Schutz jetzt in dieser Stunde und ohne dein Weggeleit  für meine ganze Familie und für mich weiß ich nicht ein noch aus. Lass dich erweichen, mir jetzt zu helfen.

Nur Gott kann jetzt das Blatt wenden. So bittet er, und so schreit er in dieser Stunde der drängenden Not. Da lässt Gott lässt sich bitten von diesem Mann, der so zu ihm gebetet und so mit ihm gekämpft hat. Jakob verlässt als Gesegneter diese Stätte. Ihm geht die Sonne auf. Von nun an hat er eine verrenkte Hüfte, aber er geht als ein verwandelter Mensch in die Begegnung mit seinem Bruder. Das nächste Kapitel erzählt in ergreifender Weise von der Versöhnung der beiden Brüder. Sie fallen sich um den Hals und küssen sich. So kann das Leben weiter gehen, wenn ein Mensch in eine Situation gerät, in der alles auf dem Spiel steht, auch heute.

Ich grüße Sie herzlichNikolaus Hermann denkt an das verschlossene Tor im Garten Eden. Nach dem Sündenfall heißt es von Adam: „Da wies ihn Gott der Herr aus dem Garten Eden, daß er die Erde bebaute, von der er genommen war. Und er trieb den Menschen hinaus und ließ lagern vor dem Garten Eden die Cherubim mit dem flammenden, blitzenden Schwert, zu bewachen den Weg zu dem Baum des Lebens.“ Das unbeschwerte Leben im Paradies war vorbei. Die Gemeinschaft der Menschen untereinander war gestört, die Gemeinschaft mit Gott zerbrochen. Zu Ende war es mit der Harmonie des Lebens zwischen Menschen und Tieren. Gott ließ seinen Engel mit dem flammenden Schwert vor dem Garten Eden Wache halten. Die Tür war zu, verriegelt und verrammelt.