zu: 1. Mose 3,23f
Ein guter Bekannter von mir wurde zur Predigt in dem Gottesdienst eines Gefängnisses eingeladen. Er bereitete sich vor und dachte: Da spreche ich über mein Lebensmotto Offb.3,8. Er war ein viel gereister Mann, der in den unterschiedlichsten Situationen gepredigt hatte. Der verabredete Tag kam heran. Er stieg auf die Kanzel und sagte: Ich will heute predigen über meinen Lieblingsvers: „Siehe, ich habe vor dir eine Tür aufgetan, und niemand kann sie zuschließen.“
Womit er nicht gerechnet hatte, aber was sich jeder leicht vorstellen kann, geschah. Die Gefangenen stießen sich an und fingen an zu tuscheln, zu reden und zu grölen: „Na dann mach die Türen hier mal auf! Da bist du genau der richtige für uns.“ Mein Bekannter hatte seine liebe Not, die Gefangenen zu beruhigen, zu sagen, dass er natürlich jetzt nicht gleich die Gefängnistüren aufschließen kann, und dann doch noch gut seine Predigt zu Ende zu bringen.
Wenn wir gerade gesungen haben: „Heut schließt er wieder auf die Tür zum schönen Paradeis; der Cherub steht nicht mehr dafür. Gott sei Lob, Ehr und Preis, Gott sei Lob Ehr und Preis!“, dann müssen wir zunächst einmal daran denken, dass es viele verschlossene Türen gibt.
Nikolaus Hermann denkt an das verschlossene Tor im Garten Eden. Nach dem Sündenfall heißt es von Adam: „Da wies ihn Gott der Herr aus dem Garten Eden, daß er die Erde bebaute, von der er genommen war. Und er trieb den Menschen hinaus und ließ lagern vor dem Garten Eden die Cherubim mit dem flammenden, blitzenden Schwert, zu bewachen den Weg zu dem Baum des Lebens.“ Das unbeschwerte Leben im Paradies war vorbei. Die Gemeinschaft der Menschen untereinander war gestört, die Gemeinschaft mit Gott zerbrochen. Zu Ende war es mit der Harmonie des Lebens zwischen Menschen und Tieren. Gott ließ seinen Engel mit dem flammenden Schwert vor dem Garten Eden Wache halten. Die Tür war zu, verriegelt und verrammelt.
Türen sind auch in der Weihnachtsgeschichte zu. In Luk.2 steht: „…und sie fanden keinen Raum in der Herberge“, und tausendmal haben die Kinder im Krippenspiel den abweisenden Wirt dargestellt.
Viele unter uns werden die Situation kennen, in der man wie vor einer Mauer steht. Es geht einfach nicht weiter. Ich komme an den anderen Menschen nicht ran. Meine Gebete steigen bis zur Zimmerdecke – wenigstens fühle ich es so. Eine Situation, ein Mensch hat sich verschlossen. Da hatten die hartgesottenen Männer im Gefängnis etwas recht: Wenn man von der geöffneten Tür spricht, dann soll sich das auch ganz konkret zeigen. Dann her mit der Freiheit!
Hier ist jetzt Zeit, inne zu halten und sich zu erinnern: Wo hat sich für mich einmal eine Tür, die zu war, geöffnet? Wo bin ich heute noch dankbar dafür, dass ich Öffnung, Befreiung erfahren durfte? Und: Wo stehe ich heute vor einer geschlossenen Tür? Wo habe ich das Gefühl: Da ist eine Mauer, die mir den Weg verbaut?
Ich kann mich an Wochen im Jahre 1992 erinnern. Da habe ich in mein Tagebuch geschrieben: Bei der Frage und der Frage und der Frage komme ich nicht weiter. Ich stehe wie vor einer Wand. Warum schenkt Gott mir keinen Durchbruch? Und dann öffnete sich – wie bei einem Adventskalender – Türchen um Türchen. Es hat Wochen, Monate und Jahre gedauert. Neue Türen, die zu sind, haben sich wieder ergeben. Aber alle die Türen, von denen ich damals dachte: „Die sind zu!“, haben sich inzwischen geöffnet.
Solche kleinen und großen Durchbrüche im eigenen Leben muss man wahrscheinlich erlebt haben, wenn man mit Überzeugung das Weihnachtslied von Nikolaus Herman: „Lobt Gott, ihr Christen alle gleich“ mit seiner jubilierenden Strophe: „Heut schleußt er wieder auf die Tür zum schönen Paradeis; der Cherub steht nicht mehr dafür; Gott sei Lob, Ehr und Preis!“ singen will. Mit Weihnachten, mit dem Kommen Jesu hat sich für uns Menschen die verschlossene Tür zum Paradies wieder geöffnet. Jetzt ist der da, dem wir mit allem kommen dürfen, wo wir uns gefangen, unterdrückt, eingekerkert fühlen und nicht weiter kommen. Er ist der Heiland, der große Helfer, und er hat den Weg zum Herzen Gottes geöffnet. Er hat alles getan, damit unsere Gemeinschaft zu Gott wieder heil gemacht wird. Er ist der Wiederbringer des Paradieses.
Auch das will ich nicht verschweigen: Von Martin Luther gibt es eine berühmte Äußerung, die hierhin passt. Er hat einmal gesagt, dass sich für ihn, als er entdeckte, was die Rechtfertigung des Sünders bedeutet, die Tore des Paradieses öffneten. Plötzlich war der Druck weg, unter dem er Jahre lang gestanden hat: Ich werde nie so leben können, wie Gott es von mir fordert. Ich übertrete immer mit Gedanken, Worten und Werken Gebote Gottes. Wann bin ich ihm endlich gut genug? – Endlich wusste er, dass Gott nicht nur gerecht, sondern auch barmherzig ist, und wir ihm deshalb allen Mist unseres Lebens vor die Füße packen können, und wir dann um Jesu willen als begnadete Sünder weiter leben dürfen. Da ging ihm die Tür zum Paradies auf!
Und wenn so unsere Beziehung zu Gott wieder ganz ist, wenn wir bei ihm eine offene Tür haben, einen Zutritt zum himmlischen Thronsaal, dann öffnet sich auch unsere Wohnungstür für Menschen, die hier auf der Erde jetzt in der Advents- und Weihnachtszeit menschliche Wärme, jemanden, der zuhört, Liebe brauchen. Dann werden wir offen für