Vor mehr als dreißig Jahren traf ich bei meinen Besuchen im Krankenhaus einen Mann, der ein Reisebüro leitete. „Ich bin zwar aus der Kirche ausgetreten, aber wir können uns trotzdem unterhalten“, gestand er frei heraus. Dann erzählte er mir, er sei öfter aus beruflichen Gründen in Tunesien. Dort habe er auch mehrere Freunde. Und dann löste sich seine Zunge: Wieder einmal saß er an einem Abend mit einem von diesen, auch er Leiter eines Reisebüros, auf der Terrasse vor dessen Haus; er trank Bier und Schnaps, der andere nur Wasser. Der Deutsche provozierte: „Immer nur Wasser! Trink doch mal was Richtiges.“ „Nein, das verbietet mir meine Religion!“, gab der Mann aus Tunesien zurück. Der Deutsche stichelte weiter. Dann fragte der islamische Freund zurück: „Was glaubst du denn eigentlich?“ Die Antwort war: „Ich glaube an gar nichts.“ Darauf der Muslim: „Siehst du dahinten meine Kamele? Die fressen, die scheißen, und die glauben auch an gar nichts.“ Der deutsche Reisebüroleiter erzählte mir das so. Ich habe ihn nie wieder gesehen, zog auch nach einigen Jahren weg aus diesem Ort.
Aber dann wurde ich wieder in eine Pfarrstelle dieses Ortes gewählt. Eines Tages buchte ich in dem Reisebüro dieses Mannes eine Reise und traf auf seinen Schwiegersohn. Ich war so frei und erzählte ihm die Geschichte von vor Jahren. Er erwiderte: „Mein Schwiegervater lebt im übernächsten Dorf. Übrigens ist er Christ geworden. Während einer Wochenendpartie in einem großen Haus entdeckte er zwischen vielen Bücher eine Bibel, schlug sie auf, las sich fest, ließ sich von dem, was er las, bewegen, wurde Christ und schloss sich einer Freikirche an.“ Natürlich griff ich zum Telefonhörer und ließ mir alles noch einmal von diesem Mann selbst erzählen. Ich bin überzeugt, dass der fromme Muslim in Tunesien ihm einen kräftigen Anstoß (um nicht: „Fußtritt“ zu sagen) zu dieser Lebenswende gegeben hat.