An der Kathedrale

„O alter Fluch der Dichter,
die sich beklagen, wo sie sagen sollten,
die immer urteiln über ihr Gefühl,
statt es zu bilden; die doch immer meinen,
was traurig ist in ihnen oder froh,
das wüssten sie und dürftens im Gedicht
bedauern oder rühmen. Wie die Kranken
gebrauchen sie die Sprache voller Wehleid,
um zu beschreiben, wo es ihnen wehtut,
statt hart sich in die Worte zu verwandeln,
wie sich der Steinmetz einer Kathedrale
verbissen umsetzt in des Steines Gleichmut.
Dies war die Rettung.“

(aus dem Requiem für Wolf Graf von Kalkreuth,
von Rainer Maria Rilke)